Zerbster Straße 69 (heute Zerbster Straße 36)

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Display 7

Vom Palais Brancony, dem ehemaligen Kristall­palast gegenüber dem Palais Dietrich, ist nur noch ein trauriger Rest der klassizistischen Fassade erhalten geblieben. Fürst Franz ließ dieses Haus in den Jahren 1795 bis 1797 für den Reise­marschall Franz Anton Salvator von Brancony errichten. Der Entwurf für das schöne, wohl­proportionierte Haus stammte von Friedrich Wilhelm von Erdmanns­dorff. 1815 übernahm der Kammer­rat Wilhelm Peter Mann das Palais. Es ver­blieb im Besitz der Familie Mann, bis es der Bau­unternehmer Friedrich Bolling im Jahr 1903 übernahm. Bolling wollte hier die modernste Gast­stätte Dessaus einrichten. Dabei orientierte er sich an dem 1851-1854 von John Paxton in London errichteten Chrystal Palace. Im Februar 1904 eröffnete das neue große Vergnügungs­etablissement „Kristallpalast“ mit Restaurant- und Café­räumen, das 1905 um einen großen Saal­anbau erweitert wurde. Mit dem großen und den kleineren Sälen zog der Kristall­palast viele gesellschaftliche Veran­staltungen des Dessauer Bürger­tums an sich. In den 1920er und 1930er Jahren war der große Saal oft politischer Kampf­platz. Hier fanden sich die Anhänger der NSDAP zu politischen Veranstaltungen und Kund­gebungen ein.

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Der Kristallpalast um 1930
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Die Gaststube des Kristallpalastes, um 1930

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Lage im Stadtplan von 1940

Im Feuer­sturm des 7. März 1945 brannte der Kristall­palast völlig aus. Vom schönen Erdmannsdorffschen Palais blieb nur die Fassade stehen. Der Saal wurde allerdings recht schnell wieder hergerichtet. Vom ersten Weihnachtstag 1945 bis zur Wieder­eröffnung des Theaters am 20. August 1949 diente er dem Dessauer Theater als Spiel­stätte („Großes Haus“). 1950 übernahm die Konsum­genossenschaft den Kristall­palast, der sich nun wieder zu einem kulturellen und gastronomischen Zentrum der Stadt ent­wickelte. 1964 musste die Fassade des einst von Erdmanns­dorff entworfenen Palais baulich gesichert werden. Dabei wurden die drei großen Schmuck­vasen aus Sand­stein, die den Dreiecks­giebel geziert hatten, aus Sicherheits­gründen entfernt, die Fensteröffnungen zugemauert und in der Mitte der Front wieder ein Eingang geschaffen. Der Kristall­palast blieb einer der beliebtesten kulturellen und gesellschaftlichen Treffpunkte der Stadt, bis er nach 1990 wegen baulicher Mängel geschlossen werden musste. Der Verfall schritt dann rasch voran. Alle bisherigen Versuche, den Kristallpalast wiederzubeleben, blieben in der Planungsphase stecken und scheiterten. Bleibt zu hoffen, dass ein 2018 angekündigtes neues Projekt „Wohnresidenz Kristallpalast“ umgesetzt werden und den Standort wieder beleben kann.

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Blick in die Zerbster Straße mit dem Kristallpalast, um 1910
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Die stehengebliebene Fassade des Kristallpalastes, 1950er Jahre

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Dessau in Trümmern. Die Katastrophe am 7. März 1945 und deren Ursachen
Eine Ausstellung des Stadtarchivs Dessau-Roßlau
7. März bis 25. September 2020
Marienkirche Dessau

Die Ausstellung „Dessau in Trümmern“ wurde am 7. März 2020 um 14.00 Uhr im Rahmen des Gedenkrundgangs „Versöhnung schafft Frieden“ in der Dessauer Marienkirche eröffnet. Aufgrund der aktuellen Lage ist die Ausstellung derzeit jedoch geschlossen. Wir möchten Ihnen trotzdem die Möglichkeit bieten die Ausstellung zu sehen. Deshalb stellen wir Ihnen die Inhalte der Ausstellungstafeln und Ausstellungsstationen nunmehr auf unserer Homepage zur Verfügung. Sie erhalten damit die Möglichkeit eines virtuellen Rundgangs von Station zu Station.