Aufruf des Stadtarchivs war erfolgreich und läuft weiter

Der Ende Januar 2014 vom Stadtarchiv Dessau-Roßlau gemeinsam mit weiteren Akteuren veröffentlichte Aufruf zur Übergabe von Erinnerungszeugnissen an den Ersten Weltkrieg 1914 bis 1918 war sehr erfolgreich. Mehr als 20 Bürgerinnen und Bürger haben sich allein im Stadtarchiv gemeldet und zahlreiche Feldpostkarten und Feldpostbriefe, Fotografien, Erinnerungsberichte, Tagebücher, Militärpässe und diverse Erinnerungsstücke von Menschen aus Dessau und Umgebung als Schenkung oder zur Digitalisierung übergeben.
Das Stadtarchiv Dessau-Roßlau dankt allen herzlich, die sich bisher gemeldet haben und dazu beitragen, dass wichtige, eng mit der Geschichte unserer Stadt und ihrer Bewohner verbundene Zeugnisse erhalten bleiben. Stellvertretend für die vielen übergebenen Dokumente sei hier ein Brief vorgestellt, den der Soldat Willy Philipp am 23. März 1918 an seine Eltern schrieb. Der Text lautet: „Liebe Eltern! Teile Euch mit, daß es mich nun auch erwischt hat. Gleich am 1. Angriffstage. Na es ist nicht schlimm, ein Loch durch die linke Handfläche. Sehnen u. Knochen sind glaube ich nicht getroffen. Heute habe wenigstens ein paar Stunden schlafen können. Genaue Adresse kann ich auch noch nicht mitteilen. Das geht hin und her. Seid herzlich gegrüßt. Willy“

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Willy Philipp (1893-1977) als Soldat im Ersten Weltkrieg, Augustowo, Februar 1915

Willy Philipp (1893-1977)

Willy Philipp (1893-1977) stammte aus Magdeburg. Er wurde im Oktober 1913 zum regulären Militärdienst eingezogen. Nach dem Eintritt Deutschlands in den Ersten Weltkrieg nahm er ab Mitte August 1914 an den Kämpfen in Belgien und Nordfrankreich teil. 1915 bis 1917 kämpfte er in Russland, dann musste er wieder zurück an die Westfront. Bei einem Angriff auf gegnerische Stellungen bei Valenciennes wurde er am 21. März 1918 an der Hand verwundet. Anders als in seinem Brief an die Eltern vom 23. März 1918 noch gedacht, waren doch Knochen in der Hand zertrümmert. Willy Philipp kam ins Lazarett und musste nicht wieder an die Front. Am 23. November 1918 wurde er vom Militär entlassen. Im Jahr 1922 kam er nach Dessau, arbeitete in der Zuckerraffinerie, in den Junkerswerken und nach 1945 schließlich im VEB Zementanlagenbau Dessau. Willy Philipp starb 1977 in Dessau.

Feldpost, Fotos, Militärdokumente oder andere Erinnerungszeugnisse aus dem Ersten Weltkrieg, aber auch schriftliche, bildliche oder Sachzeugnisse von der sogenannten „Heimatfront“ können auch weiterhin dem Stadtarchiv Dessau-Roßlau oder dem Museum für Stadtgeschichte Dessau dauerhaft oder leihweise übergeben werden.