Wilhelm Müller, Moses Mendelssohn und das Bauhaus

Das Bauhaus mit seinen Werkstätten erfuhr in vielfältiger Hinsicht die Unterstützung der Dessauer Stadtväter. So wurden zu verschiedenen Jubiläen Bauhäusler und Bauhauswerkstätten für Auftragsarbeiten herangezogen, wofür sich Beispiele in den Akten im Landesarchiv finden lassen:
1927 traf man in Dessau Vorbereitungen zur Durchführung der Gedächtnisfeier zum 100. Todestag des anhaltischen Dichters und Philhellenen Wilhelm Müller (1794-1827). Ein Kuratorium unter Leitung des Staatsministeriums erstellte ein Programm mit Ausstellung, Festakt, Gesangs- und Textdarbietungen, mit Aufstellung einer Büste in der Anhaltischen Landesbücherei und mit der Anbringung einer Marmortafel am Sterbehaus in der Wallstraße 10. Durch Manuskripte und Stadt- und Personenbildnisse sollten dort die Zeiten Wilhelm Müllers in Dessau erlebbar werden. Vertreter der griechischen Regierung sowie der Nachkomme Müllers, William Max Müller, wurden eingeladen. Die Theaterstiftung hatte sich bereiterklärt, die Ausschmückung des Intendanz-Gebäudes, welches gleichzeitig das Sterbehaus Wilhelm Müllers war, zu übernehmen. Zur fachlichen Beratung der Ausschmückung wurde vorgeschlagen, Prof. Oskar Schlemmer (1888-1943) vom Bauhaus zu Rate zu ziehen, da ihm „auf diesem Gebiete besondere Erfahrung“ zugesprochen wurde. Schlemmer war seit 1920 bereits am Bauhaus in Weimar als Meister für Malerei, Bühnenbild und Bildhauerei. 1926 war eine Neuauflage seines Triadischen Balletts (Uraufführung 1922) in mehreren deutschen Städten erfolgt, was ihm zu internationalem Ruf verhalf und worauf Einladungen zu Ballettaufführungen in Paris und New York folgten.

Intendant des Theaters, in welchem die Morgenfeier abgehalten wurde, war im Übrigen Dr. Georg Hartmann (1891-1972), der zudem die Inszenierung eines abendlichen Fackelreigens auf dem Kleinen Markt übernahm. Hartmann pflegte gute Kontakte zum Bauhaus, unter ihm wurde Felix Klee (1907-1990) Regieassistent und Schauspieler am Theater. Hartmann übersandte das Fackelreigen-Drehbuch an den Kultusminister Müller, welches im Dessauer Landesarchiv überliefert ist und worin die imposante Darbietung beschrieben ist.

Ein weiterer Auftrag ergab sich anlässlich des 200. Geburtstages von Moses Mendelssohn. Dem gebürtigen Dessauer sollte zu seinem ehrenden Gedächtnis in Dessau ein Denkmal errichtet werden, welches später in der am Bahnhof benachbarten Gartenanlage einen Platz fand. Das Anhaltische Staatsministerium, die Stadt Dessau sowie die Israelitische Kultusgemeinde bereiteten die Feierlichkeiten vom 6. bis zum 8. September 1929 vor. Mit Unterstützung der Nachkommen wurde eine Stiftung errichtet. Auftakt war eine Festvorstellung im Friedrich-Theater. Ein Festakt in der Dessauer Synagoge, die Eröffnung einer Ausstellung in der Anhaltischen Gemäldegalerie und ein Besuch des durch Fürst Franz 1787 nach dem Vorbild des Vesta-Tempels in Rom den Juden zu Ehren erbauten Tempels im Wörlitzer Park folgten.

Mit der Erstellung von Einladungen und Programm der Feierlichkeiten beauftragte Landeskonservator Dr. Ludwig Grote das Dessauer Bauhaus. In den Akten des Anhaltischen Staatsministeriums im Dessauer Landesarchiv sind die Entwürfe dazu enthalten. Der Leiter der Bauhaus-Druckerei, Willy Hauswaldt (1897-1973), und die Geschäftsführerin, Margarete Sachsenberg (1898-1978), übersendeten im Juli erste Muster, die für die Feierlichkeiten Verwendung fanden. Die Akten des Anhaltischen Staatsministeriums sind online recherchierbar (http://recherche.landesarchiv.sachsen-anhalt.de/Query/suchinfo.aspx) und in der Abteilung Dessau des Landesarchivs Sachsen-Anhalt einsehbar.

(Quelle: LASA, Z 109 Staatsministerium Dessau 3, Nr. 2464, 2460)

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