Der Bauhausabenteurer

Als nach Kriegsende 1945 die Bezirksregierung Dessau die Regierungsgewalt ausübte, übernahm der frühere Oberbürgermeister der Stadt Dessau, Fritz Hesse, das Amt des Vizepräsidenten. Aus diesem Grund befindet sich in der Überlieferung dieser Behörde im Dessauer Landesarchiv die Personalakte von Hesse. Beigelegt sind die Dokumente vom Zeitpunkt seiner Amtseinführung 1914 bis zu den Umständen, die zur Entlassung von Hesse aus dem Staatsdienst im Zusammenhang mit der Bauhausschließung in Dessau 1932 geführt hatten.

1931 gewann die NSDAP die Gemeindewahl in Dessau und setzte 1932 die Schließung des staatlichen Bauhauses durch. Damit stand ebenso der langjährige Förderer des Bauhauses Fritz Hesse im Visier der Bauhausgegner. Die politische Diskussion wurde ausgiebig in der Lokalpresse geführt, es folgten die Beurlaubung von Hesse und sein Amtsrücktritt. Die NSDAP setzte darüber hinaus einen Untersuchungsausschuss ein, wobei ihm die Verschwendung städtischer Mittel für das Bauhaus vorgeworfen wurde, in dem man sämtliche finanziellen Vorgänge, die zwischen Stadt und Bauhaus abliefen, detailliert untersuchte und entsprechend kommentierte und interpretierte. Hesse selbst beantragte zur Aufklärung der Sachlage und in der Hoffnung auf eine rechtlich korrekte Aufarbeitung am 8. Mai 1933 ein Disziplinarverfahren. Die mutmaßlichen Verfehlungen, die Hesse angelastet wurden, wurden letztlich in dem Schuldspruch des Anhaltischen Disziplinargerichts vom 21. Oktober 1935 - ausschließlich auf den Vorgängen zum Bauhaus beruhend - formuliert. Die Vorwürfe gegen Hesse betrafen die umstrittene Unterstützung der Übersiedlung des Bauhauses von Weimar nach Dessau, die in Frage gestellte Bezuschussung des Bauhauses, um angebliche unsittliche Vorkommnisse, zu viele Ausländer am Bauhaus und den Ankauf von Bauhausbildern durch Landeskonservator Dr. Ludwig Grote. Hesses Engagement und Fürsprache in Sachen Bauhaus wurden als „Bauhausabenteuer“ bezeichnet und dem bereits in den Ruhestand versetzten ehemaligen Oberbürgermeister zur Strafe die Pension gekürzt.

Die Personalakte von Fritz Hesse ist im Bestand „K 12 Bezirksverwaltung Dessau“ online recherchierbar (http://recherche.landesarchiv.sachsen-anhalt.de/Query/suchinfo.aspx) und in der Abteilung Dessau des Landesarchivs Sachsen-Anhalt einsehbar. (Quelle: LASA, K 12 Bezirksverwaltung Dessau, Nr. 1067)

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